Wer von uns hat nicht einmal darüber nachgedacht, über unsere üblicherweise begrenzte Macht hinaus zu gehen und was wir als Herrscher eines Königreiches anders tun würden? Korruption und Ungerechtigkeit beseitigen. Die weisesten Personen in einem Rat versammeln und auf ihre Ratschläge hören. Eine florierende Wirtschaft erschaffen und den Wohlstand mit dem Volk teilen. Frieden in das Land und in die Welt bringen. Mit der unbegrenzten Macht eines Königs würden wir ein großartiges Königreich schaffen – anders als all die Tyrannen der Geschichte! Doch könnten wir das wirklich?
Viele Strategiespiele geben uns diese unbegrenzte Macht. Rundenbasierte Strategiespiele wie Civilization VI und Medieval 2: Total War geben uns die Kontrolle über jeden Aspekt unseres Königreiches von Steuern bis zur Bewegung jeder Armee. Jeder Befehl wird ausgeführt. Es werden keine Fragen gestellt. Wir müssen höchstens auf rebellierende Bürger achten (außer wir wollen solche Mechaniken missbrauchen, um kostenlose Armeen zu erschaffen, was ich in einem späteren Post untersuche).
In der Realität hatte jedoch kein König solch unbegrenzte Macht. Sogar absolute Monarchen waren nur in der Lage, Befehle zu geben. Sie mussten sich immer noch auf andere Personen verlassen, um diese Befehle auszuführen. Stellen wir uns vor, wir spielten Age of Empires II, befehlten einer Armee eine Stadt anzugreifen und sie würden den Befehl ablehnen und ihre Unabhängigkeit erklären, weil sie über die ganze Karte marschiert und kriegsmüde waren. So etwas kann in Crusader Kings II passieren, was die begrenzte Macht eines Königs sehr gut abbildet.
Crusader Kings II ist ein Strategiespiel (oder Herrschersimulator) von Paradox Interactive zur Zeit des Mittelalters. Anstatt jeden Aspekt eines Königreiches zu kontrollieren wie ein telepathischer Gott, spielt man das Oberhaupt einer Dynastie, das sich zum Herrschen auf die Mitglieder seines Hofes verlassen muss. Jede Provinz stellt eine Grafschaft dar, welche von einem Grafen regiert wird und aus Städten und Burgen besteht, welche wiederum von Bürgermeistern und Baronen regiert werden. Mehrere Grafschaften bilden ein Herzogtum, welche wiederum Königreiche bilden. Das bedeutet, dass Könige für ein stabiles Reich ihre Herzöge und Grafen zufrieden stellen müssen.
Crusader Kings II ist gleichermaßen ein Reichsmanager wie ein Beziehungsmanager. Kriege erklärt man nicht anderen Ländern, Kriege erklärt man anderen Herrschern. Abhängig von den Persönlichkeitszügen unserer und anderer Charaktere, mögen sie uns mehr oder weniger. Mutige Personen mögen Feiglinge nicht. Eiferer mögen Anhänger anderer Religionen nicht. Personen derselben Kultur oder sogar Familie mögen sich gegenseitig mehr.
Während Kriegen werden die meisten Armeen von unseren Untergebenen gestellt. Wie viele Soldaten sie uns senden, hängt von ihrer persönlichen Beziehung mit uns ab. Als ich anfing zu spielen, hatte ich das nicht verstanden. (Das Tutorial in diesem Spiel ist schrecklich, aber das ist eine Geschichte für einen späteren Post.) Ich begann einen Krieg und verließ mich auf meine persönlichen Truppen, von denen ich viele in kostspieligen Schlachten verlor. Es dauerte nicht lange bis die Untergebenen, die mich nicht mochten, meine schwache Armee bemerkten und die Gelegenheit nutzten, um ihre Unabhängigkeit zu erklären. Zusätzlich zum bereits schwierigen Krieg, verlor ich einen Bürgerkrieg, aber gewann ein tieferes Verständnis der politischen Geschichte unserer realen Welt.
In meinem nächsten Spiel besetzte ich wichtige Machtpositionen mit Verwandten. Immerhin mögen Familienmitglieder einen mehr als Fremde es tun – dachte ich zumindest. Was ich in meinem Gedankengang übersehen hatte waren die Ansprüche meiner Brüder und deren Söhne auf meinen Thron. Als mein Charakter starb und ich automatisch als mein Erbfolger weiterspielte, begannen meine neuen Cousins meine Ermordung zu planen, um nach meinem vorzeitigen Ableben auf dem Thron zu sitzen.
Glücklicherweise spielt man in Crusader Kings II immer als der eigene direkte Erbe weiter. Das bedeutete, dass ich mein Spiel als mein eigener Mörder weiterspielte. Ich hatte im Grunde genommen mein altes Ich umgebracht. Mein neues Ich hatte ein noch besseres Verständnis der Politik des Mittelalters.
Unglücklicherweise sind Mörder von Verwandten unbeliebt bei Familienmitgliedern und so blieb mir nur eine Möglichkeit meine „neue“ Herrschaft zu stabilisieren. Ich musste den Job beenden und alle anderen Personen mit einem Anspruch ins Gefängnis werfen oder umbringen. Natürlich wurde ich bald als Tyrann bezeichnet. Aber ich war umgeben von sehr treuen Untergebenen, die alle glücklich darüber waren, dass ich ihnen zu soeben frei gewordenen Machtpositionen verhalf. Und Geschichte wird sowieso von den Gewinnern geschrieben.
Wenn Ihr für Eure Spiele eine denkwürdige Erfahrung erschaffen oder ihnen eine schwierige Lektion beibringen wollt, schreckt nicht davor zurück, sie schwierig zu gestalten. Machtfantasien können schön sein, aber begrenzte Macht zwingt Eure Spieler tiefer über Eure Spielmechaniken nachzudenken. Wenn Ihr reale Situationen nachbildet, können Spieler deren wichtige Details auf organische Art begreifen. Sich seine eigenen kreativen Lösungen zu unvorhergesehenen Problemen auszudenken ist viel fesselnder, als immer wieder denselben unschlagbaren Plan auszuführen.
Was sind Eure liebsten Videospielmomente mit begrenzter Macht? Teilt Eure Erfahrungen! Ich freue mich auf Eure Kommentare unten. In der Zwischenzeit muss ich Geschichte neu schreiben.
(Bild von William Krause auf Unsplash)
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